Hunde.de im Interview mit Cid Jonas Gutenrath, Autor von “Teddy oder wie ich lernte, die Menschen zu verstehen: Aus dem Leben eines Polizeihundes”.
„Teddy oder wie ich lernte, die Menschen zu verstehen“ ist nicht Ihr erstes Buch, aber das Erste in dem ein Hund im Mittelpunkt steht. Wann hatten Sie zum ersten Mal die Idee, die Erlebnisse in der Hundestaffel zu Papier zu bringen?
Von Anfang an! Man muss dazu wissen, daß die Chance Angehöriger einer K-9 Einheit zu werden so etwas wie die Verwirklichung eines lebenslangen Wunsches von mir ist. Egal wo ich war, Bundeswehr, Bundesgrenzschutz und letztendlich Landespolizei Berlin, ich habe mich immer über eines der drei für mich wichtigen Berufsziele informiert. Als ich die ersten beiden Hürden meines beruflichen Lebensentwurfes genommen hatte und die professionellen, wie privaten Umstände endlich stimmten, war ich überglücklich daß ich mit Anfang vierzig doch noch die Chance bekam, den Traum zu verwirklichen, den ich schon als kleiner Junge hatte! Und so machte ich mir vom ersten Tag unseres gemeinsamen Weges an Notizen. Ich glaube, ich hätte sogar darüber geschrieben, wenn ich versagt hätte. Erstens, weil man aus meinen Fehlern sicher hätte lernen können, und zweitens, weil es eigentlich gar nicht um mich geht. Sondern um den wundervollen Kerl an meiner Seite!
Ihr Buch erzählt eine Reihe spannender und bewegender Geschichten – welches Erlebnis hat Sie am meisten bewegt?
Ich habe kein „Ranking“, oder so etwas wie die „Top Ten“ unserer gemeinsamen Erlebnisse. Das liegt ganz einfach daran, das eigentlich jede einzelne Nachtschicht in Berlin mindestens einen Sachverhalt hergibt, der uns beiden irgendwie nahe geht. Dazu kommt, daß sowohl mein Hund wie auch ich genau genommen ziemliche „Sensibelchen“ sind und wir die Dinge, nicht zuletzt deshalb, oft anders angehen und auch verarbeiten als viele andere. Was uns bei manchen durchaus den Ruf als „Softies“, oder „Weicheier“ einbringt, uns aber letztendlich mit einer sehr erfolgreichen und unblutigen Statistik belohnt. „Durch Güte beschämen“, oder „umschmusen, was nicht bekämpft werden muß“, sind erst einmal lächerlich anmutende Phrasen, doch wir zwei leben diese Prinzipien zumindest als Versuch, bevor wir zum letzten Mittel greifen. Und so erklärt sich vielleicht auch, daß neben Feuerdramen, Messerstechereien und Schusswaffengebrauch, was wir durchaus zu unseren Erfahrungen zählen müssen, die Dinge uns mindestens genauso nachhaltig berührt und beschäftigt haben, die augenscheinlich weniger spektakulär anmuten. Das ist im Übrigen auch der Tenor in Teddy’s Buch. Eine der Geschichten heißt „Der weinende Riese“ und handelt von einem Kinderarzt, der einst einen schlimmen Fehler gemacht hat und in dem deshalb etwas psychisch kaputtging. Dies, und seine vordergründig furchteinflössende, weil riesige und verstörende Präsenz in einer nächtlichen Berliner Straße, machten ihn zu einem Polizeieinsatz, den Teddy und ich auf unsere ganz eigene Art abgearbeitet haben.
Ist eine Fortsetzung von „Teddy oder wie ich lernte, die Menschen zu verstehen“ geplant?
Nein. Schau’n Sie, ich bin kein guter Geschäftsmann. Ich lasse mich zu oft von meinen Gefühlen und spontanen Entscheidungen leiten. Das ist Segen und Fluch zugleich. Das bedeutet zum Beispiel, daß ich mit Sicherheit meinen Enddienstgrad bei der Polizei bereits erreicht habe. Es bedeutet aber auch, daß ich mit Starrsinn und Beharrlichkeit sämtlichen Lektoren als „beratungsresistent“ in Erinnerung bleiben werde und es mir, vielleicht gerade deshalb, gelungen ist auf wunderbare Weise Menschen mit meinen Büchern zu erreichen und berühren, ihre Herzen und Sichtweisen zu öffnen, die jetzt im Falle von Teddy’s Buch sonst immer nur „den Schläger und das Biest“ in uns gesehen hätten. Das ist geradezu magisch und wäre mit Sicherheit nie gelungen, wenn ich mir über „Zielgruppenanalyse“ und „Fortsetzungen“ Gedanken machen würde. Die „Fortsetzung“ meines erste Buches, war ein Wunsch meines Verlages! Und so bleibt erst einmal abzuwarten, ob, und wenn ja, wieviel sich dafür interessieren, daß Teddy vor’m alterwürdigen Berliner Reichstag Durchfall hatte, oder nicht!?
Schreiben werde ich auf alle Fälle weiter!
Wie innig entwickelt sich die Beziehung zwischen Polizeihund und Hundeführer? Lebt Teddy auch bei Ihnen zu Hause?
Hey, über dieses Thema könnte ich sofort ein weiteres, versponnenes und völlig abgedrehtes Buch schreiben! Auch wenn man mir gesagt hat, daß ich hier ausführlich antworten soll und darf, will ich versuchen, mich etwas kürzer zu fassen…
Auf einen Satz gebracht: ich bin total verknallt in den Kerl! Und ich denke er in mich auch.
Mir ist schon klar, daß sich das für jemanden meiner Position und Optik gewaltig strange anhört, aber das ist mir total schnuppe!! Denn ich kann das nicht nur emotional, sondern auch rein faktisch untermauern. Teddy ist jemand, der für mich sterben würde. Und zwar nicht, weil er dumm ist, ich ihm Obdach, Nahrung und Familienanschluss gebe, sondern, und daran glaube ich fest, weil er glaubt, daß ich es wert bin! Daß ist für einen Hamburger Straßenjungen wie mich eine sehr seltene und wertvolle Erfahrung, glauben sie mir! Es hat nichts mit Gehorsam, Befehlen und Kynologie zu tun. All das hat er mir mehr, oder weniger geschenkt. Sondern mit beiderseitigem Vertrauen und Liebe. Große Worte, ich weiß. Doch schauen sie mal in die Augen eines Lebensgefährten, ganz gleich, wieviel Beine, oder Flügel er hat, und zwar dann, wenn sie ihn wirklich brauchen, und sie werden wissen, das die wichtigen kognitiven und emotionalen Fãhigkeiten keineswegs, wie Luther uns weismachen wollte, einzig dem Säugetier Mensch vorbehalten sind!
Also kurz geantwortet: sehr innig. Wir sind quasi 26 Stunden am Tag zusammen. So etwas wie einen Zwinger gibt es hier nicht. Er lebt inmitten meines kleinen Hauses und meiner Familie, liegt eigentlich immer im Weg, und niemand hat sich jemals darüber beschwert!
Teddy ist ein Deutscher Schäferhund, welche Eigenschaften zeichnet diese Rasse besonders für die Eignung als Polizeihund aus?
Da ihre Leser mutmaßlich allesamt recht fachkundig sind, spare ich mir dezidiert auszuführen, daß der alte Rittmeister diese Rasse vor etwas mehr als hundert Jahre exakt als „Militär,-und Polizeihund“ konzipiert und ins Leben gerufen hat. Ich bin ziemlich sicher, daß Teddy’s Vater und Großvater schon einen ähnlichen Job gemacht haben und so lehne ich mich, so denke ich, nicht allzuweit aus dem Fenster, wenn ich sage, daß Grundprinzipien des Verständnisses im Team und für die gemeinsame Arbeit genetisch verankert sind. Dies, gepaart mit einer auf Selbstbewusstsein basierenden Gelassenheit und individuell verschieden ausgeprägten emotionalen und intellektuellen Fähigkeiten, sowie Charaktereigenschaften, lassen mich nicht von einem Hund, sondern von einem vierbeinigen Polizisten sprechen! Für die eingefleischten Fachleute unter ihren Lesern möchte ich anmerken, daß ich im Übrigen keineswegs der Meinung bin, das dem Deutschen Schäferhund durch den Malinois weltweit der zweite Platz als Profi zugewiesen wurde. Im Gegenteil. Der Mali ist ein toller Kerl, blitzgescheit und auch blitzschnell, gar keine Frage. Doch aus eigener, hundertfacher Erfahrung weiß ich sehr genau, daß es bei den wirklich schlimmen, zweibeinigen „Kunden“ einen großen Unterschied macht, ob sie von einem Mali „angelächelt“ werden, oder, wie in Teddy’s Fall, von einem langhaarigen, wolfsähnlichen Boliden, der gut und gern zehn Kilo mehr mitbringt.
Wie lange haben Sie an dem Buch „Teddy oder wie ich lernte, die Menschen zu verstehen“ geschrieben?
Circa eineinhalb Jahre. Plus mehr als vier Jahre Aufzeichnungen und Notizen. Plus sechs Monate die der Verlag brauchte um in Druck zu gehen.
Sie haben bereits einige Bücher geschrieben – ganz ehrlich, gehen Sie auch schon mal in Buchhandlungen um zu sehen, wie ihre Bücher präsentiert werden?
Na klar! Besonders meine drei Kinder platzen fast vor Stolz, wenn sie Papas behaartes Gesicht auf den Regalen der Spiegelbestseller-Top Ten entdecken! Und auch ich empfinde eine tiefe Freude und Dankbarkeit jedem einzelnen meiner Leser gegenüber, der aus dem einfachen, grobschlächtigen Underdog aus Hamburg einen Bestsellerautor gemacht hat! Ich arbeite immer noch daran, all jenen zu antworten die mir nach meinem ersten Buch geschrieben haben…
Wo schreiben Sie am liebsten?
Ich habe eine kleine „Harry Potter Ecke“ unter der Treppe im Wohnzimmer. Dort habe ich mich mit einem winzigen Sofa der gelben Schweden eingerichtet. Neben mir liegt Teddy auf einem großen Hundekissen unter dem Kicker. Übrigens genau jetzt im Moment, wie immer, wenn ich mich in „unsere Ecke“ verkrümel. Das ist quasi unser „Arbeitszimmer“, aus Mangel an Platz und anderen Möglichkeiten. In einem kleinen Häuschen mit drei Kindern, zwei Hunden, zwei Chinchillas, einer Bartagame und Wüstenrennmaus gibt es keine anderen „Rückzugsmöglichkeiten“. Hier ist immer Trubel und Alarm. Aber das ist gut so; so habe ich es mir ausgesucht; so gibt es mir Kraft, Inspiration und Lebensmut.
Manchmal, in melancholischeren, oder traurigeren Stimmungen treibt es uns zwei auch in die „Fighting City“, die Ausbildungs,- und Übungstadt der Berliner Polizei, die besonders in den Abendstunden den morbiden Charme einer gruseligen Geisterstadt verströmt. Die Kirche und die Hubschrauberplattform sind unsere Lieblingsorte dort.
Aber Schreibkram habe ich immer dabei, und wenn mich ein Gedanke anspringt, von dem ich Angst habe ihn wieder zu verlieren, hock ich mich auch im Supermarkt auf eine Bierkiste…
Verraten Sie uns, wie Ihr aktuelles Buch, das Sie gerade lesen, heißt?
„RESPEKT“ -die Wiederentdeckung einer vergessenen Tugend- von René Borbonus.
Erschienen im Econ-Verlag. Weil es sich auf wunderbare Weise mit genau dem Thema beschäftigt, von dem Teddy und ich glauben, daß es elementar ist um im Umgang mit Mitmenschen und Mittieren die Welt ein bisschen in die richtige Richtung zu schubsen.
Und weil der Autor einen genialen Weg gefunden hat, den Menschen zu verklickern, daß es sich lohnt, Respekt zu zeigen…
Sind Lesungen geplant oder gibt es andere Termine und Möglichkeiten, bei denen Ihre Leser mit Ihnen in Dialog treten können?
Wie schon erwähnt, ich bin kein guter Geschäftsmann… Habe keine eigene Website, Facebooktralala, oder ähnlich. Und für Zahlen und Termine, bin ich eigentlich auch zu doof. Macht alles meine Frau. Sie gibt mir’n Zettel in die Hand, wie bei der Kinderlandverschickung und ’nen Klaps auf’n Hintern; bringt mich meistens sogar zum Bahnhof, oder Flughafen, damit ich bei der gerade anliegenden Lesung, oder Talkshow auch tatsächlich ankomme. Auf diese Weise hat sie mich, in Zusammenarbeit mit meinem Ullstein-Verlag schon durch ganz Deutschland gescheucht, wie’n Ferkelchen durch’s Dorf.
Soweit ich weiß, liegt einiges an. Hab aber keinen Schimmer. Moment, ich frag mal…
Okay…, am 10.04. sind Teddy und ich im Fernsehen: NDR, DAS!, gegen 18:00Uhr, oder so…, 24.04. sind wir in Salzgitter zu’ner Lesung…und so weiter. Seid mir bitte nicht böse, aber ich bin sicher, ihr seid alle viel fitter als ich mit dat Netz. Gebt einfach meinen, oder Teddy’s Namen ein, oder schaut mal bei Ullstein. Die Sorgen schon dafür, daß wir nicht zur Ruhe kommen…
Und da ich mir jetzt eh schon die Frechheit herausgenommen habe den Leser direkt anzusprechen und sogar zu duzen, möchte ich mich auch entsprechend verabschieden. Mit einer Feststellung von mir und Teddy’s letzten Satz in seinem Buch: Hundemenschen sind etwas Besonderes! Weil sie nicht nur ein großes Herz haben, sondern sich auch mal dreckig machen und es ihnen meist ganz egal ist, daß sie manchmal nach Hund duften, statt nach Chanel!
Dog Bless You !
Teddy & Cid
Herr Gutenrath, wir danken Ihnen ganz herzlich für die Beantwortung unserer Fragen. Wir wünschen Ihnen weiterhin viel Erfolg und Ihren Lesern viel Spaß beim Lesen.