In einer kleinen Hütte im Nirgendwo hat sich sein Leben grundlegend verändert.
Im September 2001 besuchte Gregor Gumppenberg mit seiner jungen Hündin Malaisha den ehemaligen Chemie-Ingenieur Thomas Gut im Bayerischen Wald. Dieser hatte sich in besagtem Nirgendwo niedergelassen, um dort seine »Waldschrats Adventure Company« aufzubauen, die Schlittenhund-Erlebnisse anbietet. Gumppenberg kutschierte für ihn Touristen durch den Nationalpark Bayerischer Wald und züchtete nebenbei selbst Schlittenhunde. Ab 2002 hatte er dann sein eigenes Team, war schon nach wenigen Monaten bayerischer Meister.
„Die Anzahl der Teams war aber auch übersichtlich“, kommentiert er heute und lächelt.
Doch die Erfolgsgeschichte ging weiter: Er und die Hunde, sie hatten sich gefunden. 2005 war er deutscher Meister, 2008 sogar Weltmeister im Schlittenhunde-Fahren. Wie viele Teams damals angetreten sind? Er lacht. „Schon ein paar mehr.“
Seine von Drogen geprägte Vergangenheit war vergessen in dieser Zeit. Über zehn Jahre war Gumppenberg Heroinabhängig gewesen, hatte keine Möglichkeit gesehen, Fuß zu fassen in dieser Welt, bis ihm der Wurf einer Bauernhündin irgendwann Malaisha geschenkt hatte. Mit ihr an seiner Seite und der totalen Konzentration auf die Rennhunde und seine Arbeit schaffte er es ab 2001, für viele Jahre von den Drogen loszukommen.
Heinz Rühmann hat wohl einmal gesagt: „Man kann auch ohne Hund leben, aber es lohnt sich nicht.“ In Gumppenbergs Fall war es nicht mehr möglich. Nachdem sich einige Sponsoren plötzlich zurückzogen und auch seine Familie ihn kaum noch unterstützte, stand er fast mittellos da und konnte sich die Trainingsreisen und Fahrten zu den Rennen nicht mehr leisten. Durch die geringere Präsenz sprangen die übrigen Geldgeber ab, und irgendwann hatte er nicht einmal mehr genug für seine geliebten Hunde. Schließlich geriet auch seine Beziehung in eine Krise, woraufhin er sich an die Zeit vor den Hunden erinnerte, und an den Stoff, der ihm schon damals vorgaukelte, eine Lösung zu sein.
Doch dieses Mal hatte er ein anderes soziales Netz und den entschiedenen Willen, nicht weitere zehn Jahre seines Lebens zu verschenken. Seit Sommer 2015 befindet sich Gumppenberg in Therapie, zuerst stationär, mittlerweile hat er wieder einen Alltag außerhalb der Klinik. Er arbeitet hart daran, möglichst bald wieder voll einsteigen zu können, in sein wirkliches Leben. Und er meint es ernst, das sieht man seinem Gesicht an, das schon so viele kalte Winde über sich hat peitschen spüren. Derzeit absolviert er eine Ausbildung zum anerkannten Hundetrainer und lebt wieder in einer kleinen Hütte im Nirgendwo. Sein Leben verändert sich gerade wieder, zum Guten, genau wie damals im Bayerischen Wald. Was fehlt, sind die Hunde.
„Das kann ich mir momentan noch nicht wieder leisten.“
Doch er hat in den letzten Monaten erkannt, dass es für ihn keine Option ist, keine Hunde zu besitzen. Aber anders als früher, als er sich finanziell nahezu einzig auf seine Sponsoren verließ, fährt er nun zweigleisig. Mit einer Freundin möchte er in den nächsten Jahren eine Hundeschule samt Betreuungseinrichtung vor den Toren Münchens aufbauen. Die Freundin macht gerade den Trainerschein mit ihm, hat selbst jahrelange Erfahrung.
Doch so lange kann die Arbeit mit Hunden nicht warten. Er möchte unbedingt wieder ein eigenes Rennteam. „Während ich Schlittenhunde hatte, habe ich keine Droge auch nur angeschaut. Ich hatte ein Ziel, eine Bestimmung. Etwas, das mich ausfüllt“, erzählt er. Sein Wunsch ist es, noch einmal mit eigenen Hunden an der Weltmeisterschaft teilzunehmen und zu gewinnen. 60.000 Euro haben sie für drei Jahre Reise-, Futter- und Tierarztkosten sowie Ausrüstung, Training und die Teilnahme an den Rennen veranschlagt, die Hälfte davon wollen sie durch Crowdfunding bekommen. Verwalten wird die Summe ein Notar, denn „sicher ist sicher“, sagt Gumppenberg. Er weiß, wie er wahrgenommen wird, aber er nimmt die Situation an.
Die Freundin und weitere Bekannte unterstützen ihn bei seinem Projekt. „Es ist nicht schwer, ihm bei dieser Sache zu vertrauen“, wird sie später am Telefon sagen. „Ich habe ihn in der Schlittenhundezeit erlebt. Er war konzentriert, engagiert und absolut zuverlässig. Diesen Gregor will ich wieder haben.“
Seine Therapeuten bescheinigen ihm eine positive Entwicklung. Seine ehemalige Zuchthündin lebt bei einer Bekannten. Das Netzwerk ist noch vorhanden, die Begeisterung groß. Verlernt hat er nichts, da ist er sich sicher. Mit dem Erfolg als Schlittenhund-Rennfahrer kämen auch viele Sponsoren zurück. Und nahe seiner kleinen Hütte steht ein Grundstück für den parallelen Aufbau der Hundeschule zur Verfügung, als zweites Standbein, als lange vermisste Sicherheit.
Alles ist in die Wege geleitet, es fehlen nur noch die Hunde.